10 Fragen an die Kandidatinnen und die Kandidaten zur Europawahl 2024
Am 6. Juni 2024 wird ein neues Europaparlament gewählt. Diese Wahl entscheidet auch darüber, welche Ziele in der Wohnungspolitik in den nächsten fünf Jahren in Europa erreicht werden können.
In der Erklärung von Delft vom 27. Oktober 2023 hat die Internationale Mieterunion eine Erklärung abgegeben und zehn Punkte aufgezeigt, die wir als Fragen an die Kandidatinnen und die Kandidaten der demokratischen Parteien Bonn und Rhein-Sieg stellen wollen.
In der Erklärung heiß es: Die EU muss die Wohnungskrise in ganz Europa bis 2030 beseitigen. Die bevorstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament stellen die Menschen in Europa vor eine entscheidende Wahl. Sie können sich für ein geeintes, offenes und friedliches Europa entscheiden, das sich durch Fortschritt für alle auszeichnet und im Geist der Solidarität verwurzelt ist.
Überall in Europa sind Mieter und Wohnungssuchende von der Wohnungskrise betroffen. Ein Drittel der europäischen Bürger leben in Mietwohnungen, dies sind 150 Millionen Menschen. Die Mieten sind unerschwinglich, und die Energiekosten in häufig schlecht isolierten Wohnungen sind in die Höhe geschnellt. Viele Menschen leben in lähmender Ungewissheit, weil sie keine Mieterrechte haben, während andere darum kämpfen, eine Wohnung zu finden, die sie ihr Zuhause nennen können. Zusammenfassend spricht sich die Internationale Union der Mieter (IUT) für einen umfassenden Ansatz in der Wohnungspolitik in Europa aus, der den Schwerpunkt auf Bezahlbarkeit und Verfügbarkeit von Wohnraum und Mieterrechte legt. Durch die Beseitigung der Wohnungskrise bis 2030, die Förderung von öffentlichem, sozialem und bezahlbarem Wohnraum und dem Schutz von Mietern kann das Europäische Parlament gemeinsam mit den EU-Mitgliedstaaten und den zuständigen Behörden darauf hinwirken, erschwinglichen und sicheren Wohnraum für alle Bürger zu gewährleisten und damit den sozialen Zusammenhalt und das Wohlergehen auf dem gesamten Kontinent fördern.
In der Europawahl am 6. Juni 2024 entscheiden die Wähler:innen also auch darüber, wer diese Forderungen in den nächsten fünf Jahren konkret angeht.
Wr haben die demokratischen Parteien angeschrieben und veröffentlichen hier die Antworten der Parteien, die uns geantwortet haben.
Weitere Infos zu den Kandidat:innen gibt es unter der Rubrik Vorstellung inklusive Video über YouTube sowie auf Instagram und Facebook.
Gehen Sie am 6. Juni 2024 zur Wahl.
#Europawahl2024
Hier geht es zu den Links der YouTube Interviews aller Kandidatinnen und Kandidaten.
Ronie Makhoul
Geb. 26.02.1997 in Bonn, wohnhaft in Bonn-Ippendorf
Aktuelle Funktionen innerhalb der SPD:
Sprecher AK Europa Bonn
Werdegang:
2016 Hochschulreife (Abitur) Clara-Schumann-Gymnasium Bonn
2016 – 2021 Bachelorstudium der Politikwissenschaften an der Universität Duisburg Essen
2017 – 2018 Erasmusstudium an der Universität Oslo
2021 – 2023 Masterstudium in European Studies an der Maastricht University
2022 – 2023 Praktikum bei der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit in Bonn
2023 – 2024 Praktikum bei der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit in Brüssel
Seit März 2024 Büroleiter und wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Ingo Schäfer, MdB
Yasmin Zair
Geb. 03.10.1982 in Bad Neuenahr, wohnhaft in Bonn-Röttgen
verheiratet, 1 Kind (9 Jahre)
Aktuelle Funktionen innerhalb der SPD:
Vorstandsmitglied im Landesvorstand der SPD Frauen NRW und in der Region Mittelrhein
Beisitzerin im Unterbezirksvorstand der SPD Bonn
Stellvertretende Sprecherin AK Europa Bonn
Werdegang:
2004 Hochschulreife (Abitur) Are Gymnasium Bad Neuenahr
2005 - 2011 Studium der Rechtswissenschaften an der Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
2011 - 2013 Europäischen Patentamt München – Allgemeines Vertragsrecht
2013 - 2016 New Yorker International Services GmbH – Franchisemanagement
2017 – 2020 The Walt Disney Company GmbH – Licensing Contract Managerin (DACH-Region)
2020 – 2023 Bezirksregierung Köln - Qualifizierung zur Verwaltungsjuristin
seit Ende August 2023 – Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung im Bereich Politische Planung
Quelle Website Alexandra Geese
Alexandra Geese, MdEP
Alexandra Geese ist seit 2019 Mitglied des Europäischen Parlaments und die Digitalexpertin der Fraktion Greens/EFA
. Sie hat das große europäische Gesetz Digital Services Act
zur Regulierung von digitalen Plattformen und sozialen Netzwerken verhandelt. Seit 2022 ist sie stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Ihre Schwerpunkte sind Demokratie im digitalen Zeitalter, nachhaltige Digitalisierung und Geschlechtergerechtigkeit. Sie ist Mitglied im Haushaltsausschuss und im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz.
Alexandra Geese wurde 1968 in Lippstadt geboren und ist in Bonn aufgewachsen. Sie hat 22 Jahre in Italien verbracht und ist eine ebenso viel gefragte Italien-Kennerin. Heute lebt sie in Bonn und Brüssel und hat zwei erwachsene Töchter.
Sie studierte berufsbegleitend Politikwissenschaften mit Bachelor-Abschluss an der Universität Bologna und Sozialwissenschaften mit Schwerpunkt Migrationswissenschaften mit Master-Abschluss an der Universität Ca’ Foscari in Venedig. Außerdem besitzt sie einen Master of Arts im Fach Konferenzdolmetschen der Fachhochschule Köln. Bis 2019 hat sie hauptberuflich als Konferenzdolmetscherin gearbeitet.
Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland 2009 trat sie ein Jahr später der Partei Bündnis 90/Die Grünen bei. Neben ihrer Parlamentsarbeit ist sie derzeit Mitglied im Diversitätsrat der Grünen NRW, Delegierte für den Bundesfrauenrat, die Bundesarbeitsgemeinschaft Frauen sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft Digitales und Medien.
Aufgaben im Parlament:
Mitglied im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucher*innenschutz
Mitglied im Haushaltsausschuss
Stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Regionale Entwicklung
Koordinatorin im Sonderausschuss Künstliche Intelligenz im Digitalen Zeitalter (bis 2022)
Ständige Berichterstatterin für Genderbudgeting im Haushaltsausschuss
Mitglied der Delegation für die Beziehungen zu China
Mitglied der Delegation für die Beziehungen zum Irak
Weitere Ämter:
Mitglied der Arbeitsgruppe zum Wiederaufbauplan
Co-Vorsitzende der Intergroup Digital Agenda
Mitglied der Intergroup Racism & Diversity
Mitglied der LGBTIQ Intergroup
Co-Vorsitzende der NRW Delegation
Mitglied des Netzwerks für die Zukunft von Wissenschaft und Technik (STOA)
Axel Voss MdEP
Axel Voss (CDU), geboren 1963, ist seit 1994 als Rechtsanwalt tätig. Von 1994 bis 2000 war er Bürgerberater bei der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland und von 2000 bis 2009 Dozent für Europäische Angelegenheiten am RheinAhrCampus der Hochschule Koblenz.
Seit 2009 ist er Mitglied des Europäischen Parlaments. Dort vertritt er die Region Mittelrhein, zu der die Städte Köln, Bonn und Leverkusen sowie die Kreise Rhein-Sieg und Rhein-Erft gehören.
Er ist Mitglied und Koordinator/Sprecher der EVP-Fraktion im Rechtsausschuss sowie stellv. Mitglied im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres. Seine Fachgebiete sind der Themenkomplex Künstliche Intelligenz (KI), der Europäische Datenschutz und das Europäische Urheberrecht.
Bei der viel beachteten Reform des EU-Urheberrechtes war er der Berichterstatter des Europäischen Parlaments. Für die Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) war er zudem Berichterstatter zur sog. Fluggastdatenspeicherung (PNR) und zur neuen EU-Datenschutzverordnung. In der aktuellen Legislaturperiode ist er der Berichterstatter für das europäische Lieferkettengesetz sowie für KI.
Özlem Demirel
Als Tochter einer politischen Flüchtlingsfamilie kam ich 1989 nach Deutschland. Bereits in jungen Jahren habe ich die Erfahrung gemacht, dass es große Ungerechtigkeit auf dieser Welt gibt. Armut und Diskriminierung gehörten dazu. Schon als junge Schülerin habe ich nebenbei gearbeitet und mit meinem politischen Engagement begonnen. Ich habe von meiner Familie vorgelebt bekommen, dass, egal was passiert, es wichtig ist für seine Überzeugungen einzustehen. Als Fünftklässlerin brachte ich mich in meiner Schule in der Schüler*innenvertretung ein und war später auch lange Jahre Mitglied im Vorstand der Landesschüler*nnenvertretung. Mit 14 Jahren wurde ich aktives Mitglied im Bundesvorstand der DIDF-Jugend, der Jugendorganisation der Föderation demokratischer Arbeitervereine e.V.. In der Redaktion der dortigen Jugendzeitschrift und bei der deutschen Ausgabe der türkischen Oppositionszeitung Evrensel habe ich mitgewirkt (ich besitze neben der deutschen auch die türkische Staatsbürgerschaft). Über die Jahre beteiligte ich mich an der Organisation zahlreicher Anti-Nazi-Proteste, Bildungsstreikdemonstrationen, gründete Schülerinitiativen gegen den Krieg mit. Auch nach meiner Schulzeit habe ich mich auf unterschiedlichsten Ebenen eingebracht gegen Krieg, Rassismus und für soziale Forderungen. Direkt nach meinem Abitur bin ich als (noch) Parteilose über die PDS/offene Liste in den Rat der Stadt Köln gewählt worden und mich dort unter anderem für eine höhere Ausbildungsquote bei der Stadt, mehr Gesamtschulen und gegen die rechtsextreme Organisation Pro Köln engagiert.
Ich wurde Gründungsmitglied der Partei DIE LINKE und brachte mich ein im Europäischen Friedensrat Türkei, der sich für eine demokratische und friedliche Lösung der sogenannten Kurdenfrage eingesetzt hat. Studiert habe ich an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und einen Magister-Abschluss als Politologin. Als NRW-Landtagsabgeordnete von 2010-2012, als Projektreferentin bei IDA (Informations – und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit e.V.) NRW, DIDF- Bundesvorsitzende, Landesvorsitzende der Partei Die Linke in NRW und Gewerkschaftssekretärin bei Verdi habe ich in vielen Funktionen gewirkt. Seit meiner Wahl in das Europäische Parlament im Sommer 2019 ruht meine Tätigkeit als Verdi-Gewerkschaftssekretärin. Seit 2011 bin ich verheiratet, mit meinem Mann und meinen zwei Kindern lebe ich in Düsseldorf, nachdem ich zuvor als Kind in Bielefeld und später dann in Köln gelebt habe. Nachdem mein Vater 2022 – mittelbar auch an den Folgen der Folter im türkischen Gefängnis – gestorben war, habe ich feststellen müssen, dass meine Ehe (die da schon elf Jahre bestand) und meine Kinder in der Türkei nicht anerkannt wurden. Um das ändern zu können, musste ich den Namen meines Mannes zumindet durch einem Doppelnamen annehmen. Diesen Doppelnamen trage ich in der Öffentlichkeit aber nicht. Zu den Europawahlen 2024 kandidiere ich auf Platz 3 der Liste erneut für Die Linke, weil ich meine Arbeit gerne fortführen möchte.
Siehe Website: oezlem-alev-demirel.de
Karin Langer
Geburtsdatum: 27.05.1968
Beruflicher Status: Berufsschullehrerin
Wohnort/Ortsteil: Bonn-Nordstadt (Altstadt - Äußere Nordstadt)
Mein politischer Schwerpunkt ist die sozialgerechte und ökologieverträgliche Mobilität, d.h. eine gerechte Aufteilung vorhandener Aufenthalts- und Verkehrsflächen für alle, eine steuerfinanzierte Basis kommunaler Verkehrsunternehmen, eine Entflechtung des Rad- und Fußverkehrs und v.a. die Möglichkeit zur Teilhabe an einer sozial- und umweltverträglichen Mobilität für alle.
Ich bin seit
1968 auf der Welt,
1970 wohnhaft in Europa,
1990 Bonnerin,
1994 Mutter,
1995 Fahrradaktivistin,
1996 Diplom-Oecotrophologin,
2000 zweifache Mutter,
2002 Absolventin eines Jurastudiums,
2004 dreifache Mutter,
2006 Berufsschullehrerin,
2014 Kommunalpolitikerin
und das seit 2020 für Volt.
Unterstützen Sie, dass das Recht auf Wohnen als grundlegendes Menschenrecht anerkannt wird, wie in Artikel 25 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte dargelegt?
Ja, wir unterstützen die Anerkennung des Rechts auf Wohnen als grundlegendes Menschenrecht. Wohnen ist ein grundlegendes Bedürfnis und ein zentraler Bestandteil eines menschenwürdigen Lebens. Die Anerkennung dieses Rechts ist entscheidend, um sicherzustellen, dass alle Menschen Zugang zu angemessenem und bezahlbarem Wohnraum haben und nicht von Wohnungslosigkeit oder prekären Wohnverhältnissen betroffen sind.
Ja. Wir wollen das Menschenrecht auf Wohnen mit konkreten Maßnahmen mit Leben füllen. Hierzu gehören beispielsweise die Verlängerung und Verschärfung der Mietpreisbremse, die Förderung des sozialen Wohnungsbaus oder die Stärkung des Wohngelds als wohnungs- und sozialpolitisches Instrument. Wir haben uns außerdem zum Ziel gesetzt, Wohnungs- und Obdachlosigkeit bis 2030 zu überwinden. Hierzu legen wir aktuell zum ersten Mal einen Nationalen Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit vor.
Wohnraum gehört zur Daseinsvorsorge. Er wird entweder durch den privaten Sektor oder durch die öffentliche Hand geschaffen. Wer sich Wohnraum aus eigenen Mitteln nicht leisten kann, wird durch staatliche Sozialleistungen unterstützt. So ist eine Wohnung Bestandteil der Grundsicherung. Die Alternative wäre Obdachlosigkeit. Eine Option, die für die Union nicht hinnehmbar ist. Wir müssen alles dafür tun, damit die Menschen in unserem Land angemessen wohnen können. Kann der private Wohnungsbau den Bedarf nicht decken, müssen kommunale Wohnungsunternehmen bzw. der soziale Wohnungsbau die Lücke schließen.
Ja, Wohnen ist ein Menschenrecht. Das Europäische Parlament hat mit Unterstützung von Die Linke eine Resolution verabschiedet, dass jede*r das Recht auf bezahlbares Wohnen hat. Dieses Recht muss verbindlich werden und weitergehen: Um das Recht auf Wohnen durchzusetzen, braucht es gesellschaftliche Kontrolle über den Wohnungssektor. Er darf nicht den Interessen von Immobilienkonzernen oder dem Wildwuchs von Airbnb überlassen werden.
Befürworten Sie die Festlegung einer Obergrenze der Wohnkosten von 25 % des verfügbaren Haushaltseinkommens (einschließlich Energie und Betriebskosten) bis 2030, was durch eine wirksame Mietpreisregulierung, Mietpreiskontrolle und Wohngeld erreicht werden soll?
Wohnraum muss bezahlbar sein, das steht fest und dahinter stehen wir. Es gibt hier einige Instrumente, wie das Wohngeld, die Mietpreisbremse, die seit einigen Jahren gilt, auch einige Ideen, wie man den unaufhaltsamen Anstieg der Mieten stoppen bzw. abdämpfen kann. 25% des verfügbaren Haushaltseinkommens für Wohnkosten ist ein Zielwert, der richtungsweisend sein und der für mehr soziale Gerechtigkeit in der Bevölkerung sorgen kann. Subjektförderung ist gut und notwendig, Objektförderung – also die Unterstützung von Neubau zur Entspannung der Märkte
– aber zentral.
Wir wollen die Mietpreisbremse verlängern und verschärfen. Mit dieser Beschränkung der Mieterhöhung geben wir den Regionen ein wirksames Mittel gegen Preissteigerungen bei Neuvermietungen an die Hand. Außerdem wollen wir für die rasante Entwicklung bei den Indexmietverträgen bestehende Mieten deckeln und neue beschränken. Eigenbedarfskündigungen sollen deutlicher als heute auf die Eigentümer*in und die nahen Verwandten beschränkt werden.
Mit der Reform des Wohngeldgesetzes haben wir den Empfänger*innenkreis auf zwei Millionen Haushalte ausgeweitet, sowohl das Wohngeld als auch die Heizkostenkomponente erhöht und eine Klimakomponente eingeführt.
Die Wohnkostenquote ist insbesondere in Metropolen wie Berlin, Frankfurt und München deutlich zu hoch. Das ist ein Nachteil für die soziale Durchmischung in den Quartieren und zunehmend ein Standortnachteil für die Wirtschaft, weil Arbeitnehmer keine bezahlbaren Wohnungen mehr finden. Das Land Berlin hat versucht, dieses Problem durch Regulierung zu lösen, mit Umwandlungsverbotsverordnungen, Milieuschutzverordnungen, Mietpreisbremse und Mietendeckel. Das Ergebnis war ein eine weitere Verschärfung der Situation. Aus diesen Fehlern sollte man lernen und sie nicht wiederholen. Nach Ansicht von CDU und CSU besteht die Lösung in der Ausweitung des Angebots. Nur wenn wir ein hinreichendes Angebot an Wohnraum haben, kann es keine überzogenen Marktpreise geben.
Es ist in der EU zur Normalität geworden, dass Menschen mehr als 40 Prozent ihres Einkommens für Wohnen ausgeben, während die Immobilienkonzerne Inflation, Indexmieten und energetische Modernisierungen nutzen, um ihre Profite zu erhöhen. Die Linke tritt daher für eine Obergrenze der Wohnkosten von 25% des verfügbaren Haushaltseinkommens ein.
Als Richtgröße sind die 25% als Obergrenze auf jeden Fall gut recherchiert, allerdings etwas zu pauschal, was obere Einkommensgruppen betrifft, zumal der Begriff Haushaltseinkommen
nicht zwischen Klein- und Großhaushalten differenziert. Es ist einem Einpersonenhaushalt mit einem Nettoeinkommen von 4000,- € durchaus ein höherer Prozentsatz zuzumuten, als wenn das selbe Geld für 5 oder mehr Personen reichen muss.
Befürworten Sie die Zielsetzung, bis 2030 in jedem Mitgliedstaat und jeder Gemeinde in der EU eine Mindestquote von mindestens 30 % für sozialen und erschwinglichen Wohnraum anzustreben, was durch einen speziellen EU-Fonds und einer Kombination mit nationalen finanziellen Maßnahmen unterstützt werden soll?
Wohnen ist ein grundlegendes Menschenrecht und sollte für jeden zugänglich sein, unabhängig von Einkommen oder sozialem Status. Eine Mindestquote für sozialen und erschwinglichen Wohnraum ist ein wichtiger Schritt, um sicherzustellen, dass niemand von der Wohnraumversorgung ausgeschlossen wird. Durch finanzielle Maßnahmen auf EU- und nationaler Ebene können wir den Bau von bezahlbarem Wohnraum fördern und sicherstellen, dass Wohnen nicht zum Luxusgut wird. Mitziehen müssen aber auch die Kommunen – denn sie stellen Flächen bereit und schaffen Baurecht.
Wohnen muss als Teil der Daseinsvorsorge abgesichert sein. Daher befürworten wir, die europäischen Länder beim Bau von mehr erschwinglichem Wohnraum zu unterstützen und bestehende Hindernisse für öffentliche Investitionen in erschwinglichen und sozialen Wohnraum zu beseitigen. Im Rahmen des nächsten mehrjährigen Haushaltsplans ab 2027 sollte ein spezieller EU-Fonds eingerichtet werden, in dem Mittel speziell für den Bau von erschwinglichem und sozialem Wohnraum vorgesehen sind. Wir brauchen außerdem strenge, europäische Vorschriften, um zu verhindern, dass Spekulanten unseren Wohnungsbestand übernehmen.
In Deutschland investiert unsere Bundesregierung in dieser Wahlperiode bereits eine gewaltige Summe: 18,15 Milliarden Euro gibt der Bund bis 2027 für sozialen Wohnungsbau aus.
Eine Gemeinde mit hohem Leerstand zu verpflichten, 30 Prozent des Bestandes als sozialen Wohnraum anzubieten, ist nicht sinnvoll. Denn dort fehlt es in der Regel nicht an bezahlbarem Wohnraum, sondern an Einwohnern. Wir müssen uns mehr für gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land einsetzen und uns auf die Regionen mit angespannter Wohnraumsituation fokussieren. Hier kann der soziale Wohnungsbau für Entlastung sorgen und muss dort auch auskömmlich finanziert werden. Es reicht nicht, immer nur die Frist für die Sozialbindung zu verlängern.
Ja, Die Linke will die Investitionen in den sozialen und gemeinnützigen Wohnungsbau europaweit stärken. Gemeinnütziger Wohnraum wird dezentral vor Ort geschaffen: Kommunen, Genossenschaften und selbstverwaltete Wohnprojekte müssen dabei rechtlich und finanziell von der EU unterstützt werden. Wir ändern das EU-Beihilferecht, sodass die Bevorzugung von gemeinnützigem Wohnraum nicht mehr von der EU behindert wird. Sozialer Wohnungsbau darf zudem nicht genutzt werden, um private Investor*innen zu subventionieren. Der Bau von Sozialwohnungen muss dauerhaft in die Hand gemeinnütziger Akteure gelegt werden. Zudem muss gelten: Einmal gefördert, immer in der Sozialbindung
. Öffentlich geförderte Wohnungen müssen dauerhaft sozialgebunden bleiben.
Ja. Wohnungsnot ist ein europäisches Problem und muss auf europäischer Ebene angegangen werden, wobei natürlich das Know-How der Kommunen genutzt werden muss. Einheitliche Regeln auf europäischer Ebene mindern die Not zur Armutsmigration innerhalb Europas. Fraglich ist hierbei eher, ob eine Quote von 30% ausreicht.
Befürworten Sie eine Regulierung des Zugangs von renditeorientierten Unternehmen des Kapitalmarkts in den Wohnungsmarkt, um der Finanzialisierung entgegenzuwirken, Monopole zu verhindern und den Verkauf öffentlicher und erschwinglicher Wohnungsbestände zu stoppen?
Der private Sektor ist europaweit derzeit ein wesentlicher Akteur für die Wohnraumschaffung. Wir können aber nicht hoffen, dass er – Anreize hin oder her – das Problem der sozialen Wohnraumversorgung löst. Das heißt gleichzeitig auch, dass wir durch eine entsprechende Regulierung die Aktivitäten von privaten Unternehmen steuern können, um mögliche Monopole zu verhindern und den öffentlichen und erschwinglichen Wohnungsbestand zu schützen. Wohnen ist ein Grundbedürfnis und der Staat hat hier eine wichtige regulatorische Rolle zu spielen.
Wohnen ist ein Grundrecht und der Wohnungsmarkt darf kein Ort für Spekulant*innen sein. Wir wollen mehr Transparenz durch ein Immobilienregister der Eigentümer*innen schaffen, die Grundbücher auch für Journalist*innen, Nichtregierungsorganisationen und die Bewohner*innen der Immobilien kostenfrei zugänglich machen. Außerdem wollen wir den Missbrauch von sog. Share Deals
zur Steuerumgehung beenden und setzen auf eine anteilige Besteuerung des Immobilienbesitzes bei Unternehmensverkäufen. Veräußerungsgewinne aus privaten Immobiliengeschäften müssen angemessen besteuert werden. Die Spekulation mit Bauland soll unterbunden werden.
Der Staat allein kann die Wohnraumfrage nicht lösen. Hierzu fehlen ihm Kapazitäten und Kapital. Es braucht daher private Investoren, die Wohnungen bauen und vermieten. Sie zu verbieten ist daher nicht sinnvoll. Ob die Kommunen ihre Wohnungsbestände halten oder verkaufen, entscheiden sie in eigener Verantwortung zum Wohle der Gemeinde.
Ja, Die Linke tritt dafür ein, dass perspektivisch 50% der bestehenden Wohnungen der öffentlichen Hand und nicht renditeorientieren Unternehmen gehören. Daher tritt Die Linke für einen Kommunalisierungsfonds auf EU-Ebene ein, mit dem der öffentliche (Rück-)kauf von Wohnungen ermöglicht wird. Zudem will Die Linke Förderprogramme der Europäischen Investitionsbank für gemeinnützigen Wohnraum schaffen und die Regelungen im Stabilitäts- und Wachstumspakt anpassen, sodass Investitionen in gemeinnützigen Wohnraum nicht auf Schulden angerechnet werden kann.
Der Staat darf sein Tafelsilber nicht verscherbeln, um kurzfristig eine scheinbar ausgeglichene Haushaltsbilanz zu erreichen. Dies wird auf allen Ebenen getan, bis hin zur kommunalen Ebene. Bonn geht hier als Kommune mit gutem Beispiel voran und verkauft städtische Grundstücke zur Wohnbebauung nicht mehr, sondern vergibt sie zur Erbpacht. So bleiben auch die nachfolgenden Generationen handlungsfähig. Außerdem wollen wir ein europäisches Finanzministerium schaffen, so dass Spekulationsgewinne nicht durch ein Verschieben in die Nachbarländer verschleiert werden können, wo sie oftmals nur gering oder gar nicht besteuert werden.
Sollten Kurzzeitvermietungen reguliert werden, um die Verdrängung von Wohnraum aus dem regulären Wohnungsmarkt zu verhindern, die Rechte der Mieter zu schützen und Probleme wie Verdrängung, Touristifizierung und Gentrifizierung zu mindern?
Ja, wir wollen unbedingt, dass Verdrängung und Probleme wie Gentrifizierung keine Überhand gewinnen und die Rechte der Mieter zu schützen. Kurzzeitvermietungen können zu einer Verknappung von regulärem Wohnraum führen und die Mieten in beliebten Stadtteilen in die Höhe treiben. Eine Regulierung ist daher notwendig, um den sozialen Zusammenhalt in den Gemeinden zu erhalten und sicherzustellen, dass Wohnraum für langfristige Wohnzwecke genutzt wird. Kurzzeitvermietung ist dennoch vor allem für Bonn als internationale Stadt auch wichtig, da sie für Touristen und Arbeitnehmer/innen vorteilhaft sein kann. Dies muss die Regulierung beachten und nicht auf Kosten der städtischen Bewohner/innen gehen.
In Großstädten, die Urlaubsziele sind, verschwindet Wohnraum auch dadurch, dass er als Ferienwohnung genutzt und so für dauerhafte Bewohner*innen unzugänglich wird.
Wir wollen unnötige Ausnahmen von der Mietpreisbremse, wie z.B. beim möblierten Wohnen, abschaffen. Auch unterstützen wir die Kommunen dabei, gegen Zweckentfremdung und Fehlnutzungen vorzugehen und diese zu verbieten. Die Verfolgung muss verbessert und die Bußgelder müssen erhöht werden. Die EU-Kommission steht in der Pflicht, die Länder und Kommunen bei der Schaffung von verbindlichen Auskunftspflichten von Online-Plattformen zu unterstützen.
Die Kommunen müssen vor Ort entscheiden können, ob und inwieweit sie Kurzzeitvermietungen regulieren wollen. Insbesondere für touristisch geprägte Regionen ist das von großer Bedeutung. Deshalb haben einige Bundesländer sogenannte Zweckentfremdungsverbotsgesetze erlassen, die als Rechtsgrundlage für entsprechende Verordnungen in den Kommunen dienen. Darüber hinaus gibt § 172 des Baugesetzbuches den Gemeinden die Möglichkeit, im Bebauungsplan oder durch Satzungen Gebiete zu bestimmen, in denen die Nutzungsänderung baulicher Anlagen nur mit Genehmigung der Behörde zulässig ist. Die Rechtsgrundlagen stehen zur Verfügung, die Kommune entscheidet über die Anwendung. Das ist der richtige Weg.
Ja, Die Linke will Airbnb und Co den Boden entziehen. Überall in Europa wird Wohnraum für Ferienunterkünfte missbraucht. Das wollen wir verhindern. Für nichtkommerziellen Wohnungstausch von privat zu privat wollen wir eine faire Alternative schaffen (Fairbnb
). Die Zweckentfremdung von ganzen Wohnungen oder Häusern wollen wir verbieten. Das sichert Wohnraum dort, wo er besonders knapp ist: in nachgefragten Städten und Regionen.
Ja. Der dramatische Trend zu Kurzzeitvermietungen muss gestoppt werden. Die Verträge unterliegen nicht dem zumindest in Teilen verbraucherfreundlichen Mietrecht. Kurzzeitvermietungen zu Urlaubszwecken unter Umgehung des Mietrechts dürfen sich nicht stärker rentieren als dauerhafte Vermietungen. Auch hier muss eine europäische Harmonisierung geschaffen werden, zumal die Mieter:innen, die häufig aus dem europäischen Ausland kommen, oft keine erschwingliche Wohnung finden und auf den Markt der Kurzzeitvermietung gedrängt werden.
Sollte die EU ihre Regeln für staatliche Beihilfen im sozialen Wohnungsbau, insbesondere für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, überarbeiten, um sicherzustellen, dass ein breiter Teil der Bevölkerung Zugang zu erschwinglichem Wohnraum hat, anstatt ihn nur auf sozial benachteiligte Gruppen zu beschränken?
Eine Überarbeitung der EU-Regeln für staatliche Beihilfen im sozialen Wohnungsbau hilft den breiten Bevölkerungsschichten Zugang zu erschwinglichem Wohnraum zu ermöglichen. Der soziale Wohnungsbau spielt eine wichtige Rolle bei der Sicherstellung von bezahlbarem Wohnraum für alle Bevölkerungsgruppen und um Wohnungsnot zu bekämpfen sowie soziale Ungleichheiten zu verringern.
Angesichts der Krise auf dem Wohnungsmarkt dürfen die Beihilfe-Regelungen den sozialen Wohnungsbau nicht ausbremsen. Wir wollen eine neue Rechtsform für dauerhaft bezahlbaren Wohnraum einführen: Mit der Neuen Wohngemeinnützigkeit soll die Grundlage geschaffen werden, dass zusätzlich zum Sozialen Wohnungsbau auch neue, dauerhaft gebundene Wohnungen gebaut oder auslaufende Bindungen in eine Gemeinnützigkeit überführt werden können. Die EU-Wettbewerbsregeln dürfen diese Versorgung von breiten gesellschaftlichen Gruppen mit bezahlbarem Wohnraum ermöglichen.
In Deutschland fehlen hunderttausende Sozialwohnungen. Die Zahl der Sozialwohnungen ist in der Vergangenheit massiv gesunken. Die Bundesländer müssen hier wieder deutlich mehr investieren. Bevor über eine Ausweitung des Angebots auf weitere Teile der Bevölkerung diskutiert wird, sollte erst einmal der Bedarf für die aktuell Anspruchsberechtigen gedeckt werden.
Ja, die Förderpolitik der EU muss sich grundlegend ändern. Aktuell werden Immobilienfonds mit Fördermitteln der EU ausgestattet: Beispielsweise hat Vonovia ohne transparente Auflagen 600 Millionen Euro für energetische Sanierungen von der Europäischen Investitionsbank bekommen. Die Linke will keine staatlichen Zuschüsse für profitorientierte Wohnungskonzerne. Die Förderpolitik der EU und ihrer Mitgliedstaaten muss darauf ausgerichtet werden, das Recht auf klimagerechten, bezahlbaren Wohnraum zu verwirklichen. Steuervorteile für Immobilieninvestor*innen und -unternehmen, zum Beispiel Share Deals, müssen daher auch flächendeckend abgeschafft werden.
Die aktuelle Regelung der Beihilfen hat sich nicht bewährt. Zwar wurden in der Vergangenheit Wohnungen im preisgedämpften Bereich geschaffen, die Zahl der Wohnungen, die aus der Preisbindung fallen, übersteigt aber die der Neubauten. Die demographische Entwicklung wird diesen Trend dramatisch verschärfen. Neben mehr preisgedämpften Wohnraum mit einer deutlich längeren Preisbindung sind weitere Maßnahmen notwendig, um das Recht auf eine menschenwürdige Wohnung nicht zu einer hohlen Phrase werden zu lassen. Wir brauchen zudem mehr Anreize und Unterstützung für diejenigen, die ihr oft zu groß gewordenes Haus / ihre Wohnung gegen eine kleine tauschen wollen. Dem stehen drastische Mieterhöhungen bei Neuvermietung und hohe Grunderwerbssteuern entgegen. Auch muss es einfacher werden, Wohngeld zu beziehen und die Höhe muss sich an den realen Mietpreisen orientieren.
Unterstützen Sie einen eigentumsneutralen Ansatz in der Wohnungspolitik, bei dem die Bereitstellung eines vielfältigen Spektrums von geeigneten Wohnmöglichkeiten für alle, unabhängig vom Einkommen, Alter oder Geschlecht, Vorrang vor der Konzentration auf Eigentumsförderung hat?
Grundsätzlich bevorzugen wir einen Ansatz in der Wohnungspolitikbei dem sichergestellt wird, dass alle Bürgerinnen und Bürger ein Dach über dem Kopf haben. Wohnen ist ein Grundrecht und sollte nicht ausschließlich auf Eigentum basieren. Ein eigentumsneutraler Ansatz kann verschiedene Wohnformen und -möglichkeiten gleichermaßen fördern, um den individuellen Bedürfnissen und Lebenssituationen gerecht zu werden. Dies schafft eine vielfältige und inklusive Wohnraumlandschaft, die allen Bürger/innen gerecht wird.
Keine Antwort
Ein eigentumsneutraler Ansatz in der Wohnungspolitik lässt sich in der Praxis schwer darstellen. Heißt eigentumsneutral auch verantwortungsneutral? Bisher braucht man für jedes Grundstück, jede Wohnung und jedes Gebäude einen Eigentümer, der im Grundbuch eingetragen ist. Damit trägt er auch die Baulast, die Steuerlast und die Verkehrssicherungspflicht. Wenn das Eigentum niemanden mehr zugeordnet werden kann, entfallen die vorgenannten Verpflichtungen. Albert Schweitzer hat einmal gesagt: Besitz heißt Verantwortung.
Ich halte es an dieser Stelle mit Albert Schweitzer.
Ein großer gemeinnütziger Wohnungssektor, wie Die Linke ihn fordert, hält die Mieten bezahlbar – wie etwa in Wien. Um der Wohnungskrise endlich entgegenzuwirken, müssen die Investitionen in den bezahlbaren, sozialen Wohnungsbau massiv ausgeweitet werden und in den Aufbau eines gemeinnützigen Wohnungssektors fließen. Wir wollen die Kommunen finanziell dabei unterstützen, dezentral Wohnraum zu erwerben und gemeinnützig zu bewirtschaften. Hierfür wollen wir einen europäischen Kommunalisierungsfonds schaffen. Auf den können die Kommunen zugreifen und so die öffentliche Daseinsvorsorge in die öffentliche Hand holen. In Deutschland können damit Wohnungsbestände von Immobilienkonzernen übernommen werden.
So werden geeignete Wohnmöglichkeiten für alle Menschen geschaffen, der Diskriminierung bestimmter Gruppen auf dem Wohnungsmarkt kann zudem effektiv entgegengewirkt werden.
Dieser Ansatz ist in unserer derzeitigen Wirtschaftsordnung schwer vorstellbar, denn irgendjemand würde der Grund und Boden ja gehören, sei es Privateigentümer:innen oder der öffentlichen Hand. Aber: Eigentum verpflichtet und das gilt insbesondere für einen so sensiblen Bereich wie den Wohnungsmarkt. Alle Regierungen Europas müssen sich der Verantwortung stellen, genügend Wohnraum zu stellen und da darf auch eine Enteignung kein Tabu sein, wenn Wohnraum zu spekulativen Zwecken leer steht und dem Verfall preisgegeben wird. Zudem lehnen wir es ab, dass Grundstücke aus staatlichem Eigentum verkauft werden, um eine kurzfristige Haushaltskonsolidierung zu erreichen. (s. auch 4. Frage: Regulierung des Zugangs renditeorientierter Unternehmen)
Sollte das Europäische Parlament für Transparenz, Verständlichkeit bei der Gestaltung von Mietverhältnissen sorgen und die Möglichkeit gewährleisten, missbräuchliche Klauseln in Mietverträgen anzufechten, sowie den Mietern Zugang zur kostenlosen Beilegung von Mietstreitigkeiten ermöglichen?
Wir unterstützen Vorstöße im Bereich Transparenz und Verständlichkeit bei Mietverhältnissen sowie den Zugang zur kostenlosen Beilegung von Mietstreitigkeiten für Mieter/innen. Mietrecht ist Mieterschutzrecht. Mietverhältnisse sollten fair und transparent gestaltet sein, um die Rechte der Mieter/innen zu schützen. Gleichzeitig müssen diese Regelungen praktikabel und verständlich sein.
Keine Antwort
Ja, Die Linke tritt beispielsweise für das Verbot on Indexmietverträgen ein und fordert Dauermietverträge in ganz Europa als effektiven Kündigungsschutz. Mietrechtliche Fragen müssen ohne Kostenrisiko für Mieter*innen geklärt werden können, das Angebot kostenloser Beratungen (z. B. zu Nebenkostenabrechnungen) muss ausgebaut werden.
Im Rahmen eines europäischen Verbraucherrechts ist dies ein absolutes Muss. Einige Passagen in Mietverträgen wurden auf eine kaum verständliche Weise geschrieben. Wohnungssuchende haben aber oft keine andere Wahl, als die ihnen kaum verständlichen Verträge zu unterschreiben. Es ist die Aufgabe des Staates, hier für einen weitreichenden Verbrauchschutz auf europäischer Ebene zu sorgen. Aktuell sind viele Menschen auf eine kostenpflichtige Mitgliedschaft in Mieterschutzvereinen angewiesen, um ihre Rechte zu kennen und durchzusetzen.
Befürworten Sie, als Mindestanforderung für Energiegesetze, die Gewährleistung von Warmmietenneutralität bei der Erhöhung der Energieeffizienz von Wohnungen, damit Renovierungskosten gerecht verteilt und Mieterhöhungen durch Energieeinsparungen ausgeglichen werden?
Für uns gehören Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit zusammen, insbesondere im Mietwohnbereich. Wir wollen mit dem sogenannten Drittelmodell die Kosten für klimafreundliche Modernisierungen fair zwischen Vermieter*innen, Staat und Mieter*innen verteilen, sodass sie für alle bezahlbar und für die Vermieter*innen angemessen wirtschaftlich werden. Die Modernisierungsumlage wollen wir strikt begrenzen, damit Kosten nicht einfach auf die Mieter*innen abgewälzt werden können.
Beim Energieverbrauch einer Immobilie spielen zwei Komponenten eine Rolle: Das eine ist der Verbrauch selbst, auf den ausschließlich die Mieter durch ihr persönliches Nutzungsverhalten Einfluss haben. Das entzieht sich dem Einfluss des Vermieters. Das andere sind energetische Baumaßnahmen, die in den Aufgabenbereich des Vermieters fallen und die der Mieter nicht erzwingen kann. Bei der Frage der Kostenlast sind daher beide Seiten in einem angemessenen Verhältnis zu berücksichtigen.
In Deutschland muss die Modernisierungsumlage abgeschafft werden, damit die Kosten nicht auf die Mieter*innen umgelegt werden können. Der Gebäudesektor ist für einen Großteil der CO2-Emission verantwortlich: Bestandssanierungen und Wärmewende sind deshalb dringend. Für eine sozial gerechte Wärmewende braucht es gesellschaftliche Kontrolle – ansonsten finden Immobilienkonzerne immer Wege, um die Miete zu erhöhen.
Die zwei großen Verantwortungsbereiche Klimaneutralität
und Sicherstellung von Wohnraum
dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Beides sind Aufgaben, die wir effektiv nur auf europäischer Ebene lösen können. Modernisierungen von Heizungsanlagen und Wärmedämmung müssen sich finanziell lohnen, auch für Vermieter:innen. Staatliche Subventionen in diesem Bereich sind Subventionen in die Zukunft und effektiv und transparent umgesetzt wird dadurch verhindert, dass die Mieten stärker steigen, als die Einsparungen für Energieausgaben der Mieter:innen.
Sind Sie der Meinung, dass der gleichberechtigte Zugang zu energieeffizientem Wohnraum für alle Bürger, unabhängig von ihrem Einkommen, Priorität haben sollte und dass die EU-Mittel zur Unterstützung dieses Ziels (unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips) zur Verfügung stehen sollte?
Ja, bei der Novelle der EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) unterstützen wir EU-Mindestenergiestandards (MEPS), bei denen die Gebäude zuerst saniert werden müssen, die den schlechtesten Energiestandard haben und am schlechtesten gedämmt sind. In schlecht sanierten Häusern leben überdurchschnittlich viele Gering- und Durchschnittsverdienende. Bei solchen Sanierungen kann die Verringerung der Treibhausgase ganz praktisch mit Alltagsverbesserung für diejenigen verbunden werden, die es am meisten brauchen.
Wir wollen nicht nur unsere Häuser modernisieren, sondern auch unsere Viertel. Die energetische Sanierung von Stadtvierteln bietet die Gelegenheit, den öffentlichen Raum umzugestalten und die soziale Infrastruktur zu fördern. Wir machen Stadtpolitik gemeinsam mit den Menschen: Demokratie und Partizipation in der Stadtentwicklung, wie beispielsweise in Barcelona, können zum Antrieb sozialökologisch gerechter Stadtpolitik werden. Der sozialökologische Umbau von Stadtvierteln ist eine Klassenfrage, denn die grünen Stadtviertel sind die Viertel der Reichen. Deshalb muss der Fokus von Sanierung und Förderpolitik auf Vierteln mit vielen Sozialwohnungen liegen.